Die Macher des Dark Spring-Festivals im Gruftboten-Interview: „Wir sind Enthusiasten“

Peer Lebrecht (Golden Apes) Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue
Peer Lebrecht (Golden Apes) Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue

Das Dark Spring-Festival in Berlin, das seit mehr als einer Dekade Jahr für Jahr Sahneschnitten-Bands aus aller Welt auf die Bühne holt, gehört definitiv in die Kategorie Lieblingsfestival - nicht nur bei den Gruftboten (nachzulesen hier und hier). Doch was, wenn plötzlich eine der gebuchten Bands ihre Auflösung bekanntgibt, wie jetzt geschehen bei Holygram? Auf die Post-Punk-Aufsteiger aus Köln hatten sich viele sehr gefreut. Die Gruftboten haben nachgefragt, und zwar bei den Veranstaltern selbst. Lest hier das Interview mit den Brüdern Peer und Christian Lebrecht von den Golden Apes, die nicht nur selbst jedes Jahr beim Dark Spring auf der Bühne stehen, sondern die zugleich Gastgeber und Organisator des kleinen, feinen Eintagesfestivals im Berliner Club Bi Nuu sind. 

Christian Lebrecht (Golden Apes) Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue
Christian Lebrecht (Golden Apes) Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue

Holygram lösen sich auf, damit fehlt dem Dark Spring der Headliner. Wie macht man das, „mal eben“ einen neuen Headliner finden? Zumal es eilt, schließlich findet das Dark Spring am 21. März 2020 statt, also in weniger als zwei Monaten.

 

Zugegeben, die Auflösung von Holygram erwischte uns ein wenig auf dem falschen Fuß, da wir selbst gerade für ein paar Konzerte unterwegs waren als uns die Nachricht ereilte, aber letztendlich war es mehr die unerwartete Tatsache (wir sprachen mit ihnen noch auf den Leipziger Grey Days) als die Konsequenz für uns.

Für uns war und ist das Dark Spring Festival eher eine Art Gesamtkonzept, bei dem wir uns schwer tun in Hierarchien zu denken. Es gibt lediglich verschiedene Akteure, die allesamt auf ihre Art und Weise zum Gelingen einer angenehmen und schönen Nacht beitragen, dazu zählen die Bands genau wie das Publikum. Es geht dabei nicht um Headliner, Popularitätsleitern oder Grade an Wichtigkeit, die Qualität ist was zählt. Von daher sahen wir uns auch gar nicht gezwungen einen neuen „Headliner“ zu finden, sondern lediglich eine weitere gute Band, die Lust und Zeit hat. Und ich glaube das ist uns mit Hapax gelungen...

Habt Ihr da eine Art Krisenmanagement, das bei Band-Ausfällen greift? Letztes Jahr gab es mit Drab Majesty ein ähnliches Problem.

 

Nein, es gibt kein Krisenmanagement. Auch nach elf Jahren Festivalerfahrung darf man nicht vergessen, dass wir alle keine professionellen, umsatzorientierten Veranstalter sind, sondern Enthusiasten, die mit Herzblut und Idealismus dabei sind, und das hat den ganz großen Vorteil, dass man relativ gelassen und unaufgeregt an solche Zwischenfälle herangeht. Wer die Historie des Festivals ein wenig kennt, weiß dass es ja durchaus schon das eine oder andere Mal zu unvorhergesehenen Planänderungen gekommen ist, und das Wichtigste ist uns in solchen Fällen immer, dass das Publikum nicht enttäuscht ist. Und da können wir mit Fug und Recht und Stolz behaupten, dass das Dark Spring Publikum ein ganz großartiges ist.

Children on Stun, Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue
Children on Stun, Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue

Wie schwierig ist da die Auswahl? Die Bands müssen ja auch insgesamt ein stimmiges Paket ergeben, und vier von fünf standen ja schon fest. Welche Kriterien setzt Ihr an?

 

Das Schöne ist, dass es gerade in dem vom Festival fokussierten musikalischen Bereich eine große Anzahl an talentierten, spannenden und aufregenden Bands derzeit da draußen gibt, und da Stimmigkeit sehr subjektiv ist und Diversität ein hervorragendes Konzept ist, ist und war es wirklich nicht schwer jemanden zu finden. Da sind noch viele Namen auf unserer Wunschliste...

 

Melden sich bei Euch Bands? Ihr habt ja selbst ein großes Netzwerk inzwischen, könnt Ihr daraus schöpfen?

 

Ja, der Ruf unseres kleinen Festivals hat sich mittlerweile offenbar so etabliert, dass wir tatsächlich viele Anfragen von Bands bekommen, was in Kombination mit den eigenen Wunschkandidaten nie wirklich Ratlosigkeit in Bezug auf das Line-Up aufkommen lässt.

 

Könnt Ihr überhaupt Vorschläge gebrauchen - oder lieber nicht?

 

Natürlich reflektiert man die Wünsche des Publikums, lässt sich anregen und inspirieren, wenn auch deren Umsetzung nicht immer budgetär und zeitlich realisierbar ist, aber ein gewisses Feedback spielt in unseren Planungen natürlich eine Rolle.

Holygram in Berlin, 26. Oktober 2018 / Foto: Batty Blue
Holygram in Berlin, 26. Oktober 2018 / Foto: Batty Blue

Wenn Leute nur wegen Holygram ein Ticket gebucht haben (was natürlich schade wäre), können sie das Ticket zurückgeben?

 

Dieses schwierige Thema hatten wir, wie Du bereits oben erwähnt hast, letztes Jahr mit Drab Majesty leider auch, und auch auf die Gefahr einer diagnostizierten Herzlosigkeit hin haben wir da eine relativ eindeutige Einstellung: Nein, es gibt kein Geld zurück. Das Dark Spring ist nun mal ein Festival und findet als solches auch statt, selbst bei verändertem Line-Up. Im Falle einer Solo-Show wären derlei Ansprüche absolut gerechtfertigt und würden nicht eine Sekunde infrage gestellt werden, aber so ist es ja nicht die Veranstaltung, die ausfällt, sondern lediglich ein Künstler. Natürlich verstehen wir es, wenn die Leute enttäuscht sind, die sich auf eine bestimmte Band gefreut haben, aber auch im aktuellen Fall können wir nur sagen, dass wir nicht minder enttäuscht und traurig sind und versprechen, alles Mögliche zu tun, um dennoch ein gelungenes Festival zu präsentieren. 

 

Könnt Ihr das Aus von Bands persönlich nachvollziehen? Ihr selbst seid ja schon lange zusammen, gibt’s dafür ein Geheimnis oder einen Tipp?

 

Es wäre jetzt anmaßend Tipps zu geben, weil man dadurch anderen Fehler unterstellen würde, aber natürlich kann man bestimmte Gründe nachvollziehen und ohne Umschweife akzeptieren. Gerade bei einem Planungsvorlauf von manchmal einem Jahr muss man immer mit Unvorhergesehenem rechnen. Ob es die Priorität von familiären Ereignissen ist, terminliche Gründe wie bei Drab Majesty, die mit der Arbeit an ihrem neuen Album noch nicht fertig waren, oder solch eine Zäsur wie bei Holygram – solche Dinge muss man im Kalkül haben, das gehört einfach dazu. Gerade wenn man selbst auch schon in die unschöne Situation gekommen ist Konzerte aus privaten Gründen abzusagen.

Okay, es gab auch Absagen, die wirklich nicht nachvollziehbar waren, aber das ist eine andere Geschichte, ha ha ha...

Golden Apes, Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue
Golden Apes, Dark Spring-Festival 2019 / Foto: Batty Blue

Das Dark Spring ist immer für eine Überraschung gut, einige Bands entdeckt das Publikum erst dort ganz neu. Worauf freut Ihr Euch dieses Jahr am meisten?

 

Da wir ja mehr oder weniger selbst für das Line-Up verantwortlich sind, freuen wir uns natürlich auf alle Bands, die mit den Golden Apes zusammen das Dark Spring feiern werden. Spannend wird mit Sicherheit das lang erwartete „Comeback“ von Funhouse, und auch der Auftritt unser guten Freunde von Brandenburg ist besonders für uns, es wird aber in jedem  Fall sechs spannende Konzerte von sechs großartigen Bands geben, mit einem hoffentlich mehr als zufriedenem Publikum … ungeachtet der Höhe des Fensters, aus dem ich mich gerade gelehnt habe... 🙂