Hypnotisch, mitreißend, beängstigend gut: Whispering Sons live in Hannover

Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus
Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus

Wer die Chance hat, Whispering Sons aus Belgien je live zu sehen, sollte sie nutzen. Die junge Band um Sängerin Fenne Kuppens gehört zum Beeindruckendsten, das derzeit im Post-Punk-Universum zu bestaunen ist. Das bewiesen Whispering Sons an diesem Donnerstag (31. Januar 2019) einmal mehr, als sie im dicht gefüllten Lux in Hannover ihren ersten Longplayer „Image“ live vorstellten. Und auch der Opener Wires & Lights hat sich gelohnt. Hier die Gruftboten-Konzertrückschau:

Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus
Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus

Fenne Kuppens ist ein Phänomen: Bereits nach den ersten Takten vom Opener „Stalemate“ vergisst man, dass um sie herum vier gute männliche Musiker mit Gitarre, Bass, Schlagzeug und Keyboard erst für den treibenden Postpunk-Sound sorgen, der ihre dunkle Stimme trägt. Doch die verzweifelt-wütende Bühnen-Präsenz der Sängerin zieht die ganze Aufmerksamkeit auf sich. Die schmale blonde Sängerin schaut mit todtrauriger Miene in die Zuschauerschar, um kurz darauf im Gesang und wilden Tanz zu explodieren. Dass vor der Bühne Leute stehen, die ihren Auftritt verfolgen, scheint sie kaum wahrzunehmen.

 

Wenn sie tiefgefrustet „How are you feeling? Good!“ vom zweiten Lied des Abends, „Got A Light“, in das Lux hineinruft, möchte man ob der bühnentauglichen Einsamkeit zwischenzeitlich am liebsten auf die Bühne springen und sie tröstend in den Arm nehmen. Gleichzeitig wirkt sie so kühl und abweisend, dass man den Gedanken sofort verwirft. Klare Sache: Diese Frau brennt. Mit ihr möchte man kein Problemgespräch darüber führen, ob der WG-Putzplan für die Küche korrekt abgearbeitet wird.

Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus
Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus

Die Whispering Sons spielen im Lux insgesamt 14 Lieder, was dem Großteil der bisherigen Veröffentlichungen entspricht und etwas mehr als eine Stunde Konzertlänge ergibt: Die zehn der neuen rundum empfehlenswerten Platte „Image“ (2018) in derselben Reihenfolge wie auf dem Album, dazwischen angereichert durch die 2017er Single „White Noise“ , die 2016er Single „Performance“ sowie den Hit „Wall“ sowie „Insights“ von der 2015er Debüt-EP „Endless Party“. Live ist das dank der Kuppens-Show wilder, heftiger und trauriger als im Studio und unbedingt sehenswert.

Wires & Lights in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus
Wires & Lights in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus

Den Abend stimmungsvoll post-punkig eröffnet haben Wires & Lights aus Berlin. Damit konnten alle glücklich sein, die ihre alte Liebe zu Joy Division pflegen und zugleich  frischen neuen Bands wie Then Comes Silence oder A Projection etwas abgewinnen können. Eine CD der Berliner um den charismatischen Frontmann Justin Stephens (den einige vielleicht noch von Passion Play kennen könnten) soll mit Glück auch bald kommen. Schön wäre es. Eine gekonnte Einstimmung in den Abend gaben Wires & Lights auf jeden Fall. Gerne wieder.

Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus
Whispering Sons in Hannover, 31. Januar 2019 / Foto: Dunkelklaus

Am Ende dieses außergewöhnlichen Abends hatte man einmal mehr das Gefühl, Zeuge etwas Besonderem gewesen zu sein. Genau so war es, als wir Whispering Sons beim Dark Spring-Festival 2018 erstmals live erlebt haben, auch ihre Vorstellung beim letztjährigem M’era Luna war top.

 

Zurück bleiben zwei Fragen: Wie lange kann das gut gehen? Und warum gab es keine Aftershowparty?