Beide Daumen hoch für das Autumn Moon-Festival in Hameln: Tolle Leute, Top-Konzerte und eine ganz besondere Stimmung - plus Bildergalerie

Joachim Witt, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Joachim Witt, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Aller guten Dinge sind drei? Offenbar stimmt das Sprichwort, denn erst zur dritten Auflage des Autumn Moon-Festivals in Hameln (13. bis 15. Oktober) haben es endlich auch die Gruftboten geschafft. Zum Glück, denn dort erwartete sie am vergangenen Wochenende ein großartiges, total entspanntes, goldenes Oktoberfestival gespickt mit musikalischen Entdeckungen und vor allem mit jeder Menge netten, bunt-schwarzen Leuten.

 

Die spannende Mischung aus Mittelaltermarkt (genannt Mystic Halloween Markt), klassischen Grufti-Konzerten, coolen Newcomer-Bands (von Indie über Knicklichter-Electro bis hin zu Noise), fröhlichen Gaukeleien und versponnen-verschwärzten Lesungen überzeugte sogar die gestrengen Gruftboten, die sonst mit Mittelalterkram wenig bis gar nichts anfangen können.

 

Die gruftige Tiefenentspannung reichte sogar soweit, dass die Gruftboten es klaglos, ja sogar lächelnd ertragen konnten, ausgebuht zu werden. What!? Ausgebuht? Allerdings. Doch dazu später mehr. Hier das Festival-Wochenende in der Gruftboten-Rückschau:

Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Die Location ...

... liegt im Herzen der 56.000-Einwohner-Stadt Hameln in Niedersachsen. Direkt an der Weser befindet sich die größte Bühne des noch jungen Festivals, und zwar die rund 2300 Leute fassende Rattenfängerhalle, im Park davor der große Mittelaltermarkt mit reichlich schön dekorierten und abends beleuchteten Ständen, Sitzbänken, Feuerschalen, einem Platz für Gaukeleien und Co. sowie einer kleinen Open-Air-Bühne.

 

Je einen mehr oder minder weiten Steinwurf davon entfernt liegen die drei weiteren Indoor-Bühnen: das Schiff, die Kneipe Papa Hemingway's sowie die Sumpfblume, genannt Sumpfe.

 

Alle Bühnen sind gut zu Fuß zu erreichen, auf dem zentral gelegenen Markt mit vielen kleinen Ständen gibt's reichlich zu gucken und vor allem Essen und Trinken satt. Da der Markt auch ohne Festivalbändchen zugänglich ist, mischen sich hier Stinos mit Gruftis. Macht aber nix.

 

Super: reichlich Sitzgelegenheiten

Kleines Manko: Wer nicht rechtzeitig da ist, läuft Gefahr, bei den kleineren Bühnen nicht mehr reinzukommen. Aber das kennt man vom WGT noch deutlich schlimmer, und wer es weiß, kommt eben etwas früher und trinkt noch entspannt ein Bier.

 

Extra-Tipp: Da es abends kühl wird, es in den kleinen Locations aber ordentlich warm werden kann, empfiehlt sich kleidungstechnisch ein eher praktischer Schichtenlook.

Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Die Leute ...

... waren eine wilde, aber sehr gelungene Mischung klassischer Gruftis eher älterer Bauart, Indie-Freunden, Pike-Trägern und Mittelalterfans. Baby Bats und besonders Aufgerüschte haben wir gar nicht oder selten gesehen, dafür aber viele interessierte Stinos, die sich auf dem Mittelaltermarkt fröhlich unters Schwarzvolk mischten. In diesem Jahr tummelten sich auch noch haufenweise Dackelfans unter den Marktbesuchern, da Hameln zeitgleich auch Schauplatz eines Treffens der Flachhundfreunde war.

 

 

Unterwegs ...

... zwischen den Locations konnte man nicht nur die vielen liebevollen Deko-Details bewundern, sondern auch den tollen Blick über die Weser weit ins herbstliche Weserbergland. Sehr schön.

The Beauty of Gemina, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
The Beauty of Gemina, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Bestes Festival-Konzert ...

... boten The Beauty of Gemina (sagt Dunkelklaus)

... legten Beyond Obsession hin (findet Batty Blue)

... war der Auftritt von Psyche (meint Gothamella).

Psyche, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Psyche, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Beyond Obsession, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Beyond Obsession, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Drawing Circles, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Drawing Circles, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Tollste Neuentdeckung ...

waren die Auftritte von Drawing Circles (verträumter, zarter Ambient-Indie-Rock aus Deutschland ohne Schlagzeug, aber mit Wahnsinns-Stimme) sowie die krachigen Noise-Post-Punks The Mary Hart Attack aus Belgien, die ein bisschen so klingen wie The Jesus And Mary Chain zu ihren besten Zeiten.

Ebenfalls überzeugen konnte das frisch gegründete Electro-Pop-Trio Future Lied To Us, wo unter anderem Vasi Vallis (NamNamBulu, Frozen Plasma, Reaper) musikalisch mitmischt. Prima Tanzmusik.

Peter Heppner, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Peter Heppner, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Große und bekannte Namen ...

... standen natürlich auch auf der üppigen Programmliste, zum Beispiel Front 242, Peter Heppner, Joachim Witt, Faun, Letzte Instanz, Faderhead oder Suicide Commando. Gute Mischung, nix vermisst.

 

Das Besondere: Beim Autumn Moon spielen auch die kleineren Bands Sets in vernünftiger Länge (selten unter 45 Minuten), was eine tolle Idee ist. Das gibt vor allem unbekannteren Formationen die Chance, sich dem Publikum etwas ausführlicher vorzustellen als es sonst bei den extrem eng getakteten großen Festivals möglich ist. Unbedingt beibehalten!

 

Ebenfalls sinnvoll: Das Festival startet schon Freitagnachmittag und endet offiziell Samstagnacht, wobei der Markt auch am Sonntag noch geöffnet ist. Das entzerrt das Programm, und wer montags arbeiten muss, kann das problemlos schaffen.

 

Lustigstes Erlebnis ...

könnte die total ungruftige Konfetti-Schlacht einiger total alberner Pressevertreter samt Kind und Kegel in einer Umbaupause in der Sumpfblume gewesen sein. Die Dinger fliegen übrigens immer noch überall rum. Und sie hinterlassen bunte Punkte auf der Haut... Aber lustig war's.

Christian von Aster, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Christian von Aster, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Noch lustiger ...

gestalteten sich allerdings die Lesungen unseres Lieblingsszeneverhöhnerpoeten Christian von Aster, der Teilen der anwesenden Gruftboten nicht nur besondere Talente zuerkannte ("Sie kann Buchstaben und Zahlen!"), sondern auch genüsslich öffentlich kundtat, dass die gesamte Gruftboten-Redaktion es doch tatsächlich wagte, die von-Aster'sche Lesung vorzeitig zu verlassen (weil sie zu einem Konzert in eine andere Location wechseln musste). Weshalb die Gruftboten also zum allerersten Mal in ihrem Leben im Chor ausgebuht wurden - allerdings sehr, sehr liebevoll. Charmanter gemein war noch niemand.

Barbar 'O' Rhum, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Barbar 'O' Rhum, Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Bestes Detail ...

... war der Anblick des schick gestylten Oldschool-Pikes-Trägers, der am Freitagabend zusammen mit seinen stilistisch ebenfalls eher unmittelalterlich wirkenden Freunden so fröhlich und ausgelassen vor der Marktbühne zu den Seemanns-Liedern der französischen Piraten-Combo "Barbar 'O' Rhum" getanzt hat. Das war spitze - und zeigte vorbildlich, dass Grufti-Multikulti-Toleranz innerhalb der verschiedenen Sub-Genres prima funktionieren kann - indem man einfach mal zusammen tanzt und Spaß hat.

 

Anreise, Preise, Toiletten ...

... alles vollkommen in Ordnung. Von Hannover aus geht's nach Hameln per S-Bahn in 45 Minuten, dann noch fünf Minuten per Bus (oder gute 15 Minuten zu Fuß) bis zur Rattenfängerhalle. Super: Die S-Bahn fährt die ganze Nacht hindurch stündlich auch wieder zurück.

Die Toiletten sind bestens, da in den jeweiligen Locations, also nix zu meckern. Auch die Bierpreise (je nach Lokalität 4 Euro oder 4,50 Euro plus Pfand) waren ok. Lecker und vergleichsweise günstig war das Essen, zum Beispiel Fladenbrot mit Kartoffeln und Käse für 4,50 Euro - super-lecker, lange satt.

 

Richtig schön gruftig (und ebenfalls sehr lecker) war auch das heiße Vampirblut (vier Euro plus Pfand). Allerdings hatten wir den Verdacht, dass es sich in Wirklichkeit gar nicht um echtes Vampirblut handelte, sondern um irgendwas Alkoholisches...?

Die Auflösung: Angeblich halten die Leute vom fraglichen Marktstand einen Vampir gefangen, der auf Alkohol-geschwängerte Marktbesucher spezialisiert ist und dessen Blut dann abgezapft wird. So, so. Dann wollen wir das mal glauben...

Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue
Autumn Moon-Festival 2017 / Foto: Batty Blue

Das Fazit ...

... fällt durchweg positiv aus: Das Autumn Moon in Hameln ist ein liebevoll zusammengestelltes Oktober-Festival, das nicht nur mit einer besonderen Herbst-Halloween-Stimmung punktet, sondern auch mit einer durchdachten Orga (bis hin zum ebenso informativen wie praktischen Programmheft, in dem jede Band kurz vorgestellt wird) sowie sehr vielen verschiedenen Programmpunkten von Poetry Slam über Feuershows bis hin zu Aftershowpartys.

 

 

Auch musikalisch ein Herbst-Tipp: Wer kleine und neue Bands entdecken will, ist hier richtig, wer große einmal ganz entspannt genießen möchte, ebenfalls.

Macht unterm Strich: Beide Daumen hoch für das Autumn Moon Festival! Gerne wieder.

Autumn Moon-Festival 2017 - Die Bildergalerie

Fotos von Batty Blue